München, 10. Oktober 2018 – Als Reaktion auf Qualitätsprobleme beim Blutdrucksenker Valsartan, Fälschungsfälle im Lunapharm-Skandal und Lieferengpässe bei lebenswichtigen Arzneimitteln müssen Politik und Krankenkassen die Importquote abschaffen und das harte Spardiktat in der Arzneimittelversorgung beenden. Das fordert der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker, in seinem Lagebericht zur heutigen Eröffnung der pharmazeutischen Fachmesse Expopharm in München. Da die Unsicherheit bei den Patienten wachse und das Vertrauen in ihre medikamentöse Therapie durch immer neue Skandale schwinde, könnten die Apotheker die Medikamentenversorgung und Therapietreue der Patienten nur noch mit enormem Aufwand und persönlichem Engagement sicherstellen, so Becker.

„Arzneimittel dürfen nicht zur reinen Handelsware degradiert werden. Genau darauf basiert jedoch das Geschäftsmodell der Arzneimittelimporteure“, sagt Becker: „Ein solch intransparentes System macht es Kriminellen denkbar einfach, gestohlene oder gefälschte Ware in die legale Lieferkette einzuschleusen.“ Becker fordert: „Die Politik muss Paragraph 129 SGB V zunächst anpassen, erst dann können Apotheker und Krankenkassen die Importquote im Rahmenvertrag streichen.“ Der Fall Valsartan zeige, dass dringend in die Qualitätssicherung von Arzneimitteln investiert werden müsse: „Die Qualitätskontrollen müssen den globalen Produktionsbedingungen angepasst werden.“ Probleme in Billiglohnländern könnten oft kaum kompensiert werden und würden umgehend auf die Versorgungssituation in Deutschland durchschlagen, so Becker.

„Natürlich muss ein solidarisches Gesundheitssystem auch nach Kostenaspekten entscheiden - aber nicht um jeden Preis“, sagt Becker: „Wenn die Qualität lebenswichtiger Arzneimittel und die Sicherheit von Patienten auf dem Spiel stehen, ist die Grenze erreicht.“ Auch in anderer Hinsicht muss die Versorgungssicherheit der Patienten Becker zufolge gestärkt werden. Dazu gehören die Wiederherstellung der einheitlichen Preise bei rezeptpflichtigen Medikamenten, die rechtssichere Zulassung von Dienstleistungsverträgen mit Krankenkassen sowie patientenfreundliche Rahmenbedingungen bei der Einführung des elektronischen Rezepts.

Zum Hintergrund: Laut § 129 Abs. 1 Punkt 2 SGB V sind alle Apotheken in Deutschland gezwungen, einen Teil ihres Fertigarzneimittelumsatzes mit Importen zu bestreiten, um Kosten für die Krankenkassen zu sparen. Derzeit sind es fünf Prozent. Für die Quote zählen nur Importe, die entweder 15 Prozent oder 15 Euro billiger als das heimische Originalpräparat sind. Reimporte gelten als Einfallstor für das Einschleusen gefälschter Arzneimittel in den legalen Vertriebsweg.